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„dort ist kein schnee, kein winterorkan, kein gießender regen
ewig wehn die gesäusel des leiseatmenden westens
welche der ozean sendet, die menschen sanft zu kühlen………”
homer, odyssee, 4. gesang
übersetzung nach j.h.voß
bearbeitet von e.gottwein
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das feld
die insel san miguel de la palma, so ihr offizieller name, hieß in der sprache
der indigenen arahuitas: benahoare („meine heimat”, gespr. ben-ajuar).
vor der conquista lebten wohl rund 20.000 menschen in zwölf clans auf der insel.
ihre siedlungsgebiete erstreckten sich jeweils vom meer bis an die ränder der caldera
so erhielt jeder clan planvollen zugang zu den nahrungsquellen des meeres
und in heißen sommern zu den viehweiden der hochlagen; bewaffnete auseinander-
setzungen um enge ressourcen etwa waren daher weitgehend ausgeschlossen ...
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heilige plätze
das spirituelle oberhaupt der arahuita ("die menschen") lebte mit seinem clan acerós
in der caldera rund um das zentralheiligtum (idafe) eine große felsnadel
im herzen der caldera. dort entschied der priesterkönig über die politischen,
religiösen und militärischen belange seines volkes mit dem ältestenrat
auf einem ratsplatz (tarogor), dort wurden die gesetze zur anwendung
gebracht, die riten vollzogen und die zeremonien abgehalten.
besiedlung
die besiedlung des archipel ist unklar: allgemein werden zwei auswanderungswellen
aus den siedlungsgebieten berberischer, nordafrikanischer stämme vermutet
(- 2.000 und -300), doch ist die faktenlage genau so dünn wie die annahme,
es handele sich bei den kanarischen ureinwohnern um die reste einer urbevölkerung,
die fremden einwanderern nach nordwesteuropa weichen mussten.
mythen und sagen
um den inselarchipel rankten sich frühzeitig mythen und legenden: so besingt homer
im 4. gesang der odyssee „die elysischen gefilde”, die Insel der seligen am westrand
der welt wohin in der griechischen mythologie ausgewählte recken und heroen
entrückt wurden; auch die dichter hesiod und pindar erwähnen das archipel.
die historiographie setzt ein mit plinius dem älteren, einem römischen admiral,
der die inseln in seiner naturalis historia, VI 37ff. bezeichnet als insulae fortunatae
(insel der glückseligen); auf ihn geht die bemerkung zurück, dass es sich bei den canaria
um inseln handeln solle, die von riesigen hunden (lat. canis) bewacht würden
noch heute nimmt die heraldik der provinz islas canarias darauf bezug.
kunst & kultur
die arahuitas entwickelten eine symbolschrift aus spiralen, labyrinthen, mäandern,
wellen, kreisen und halbkreisen, aus linien und ovalen, aus kreuzen, quadraten
und rechtecken, die als felszeichnungen (petroglyphen) überliefert sind; ihre bedeutung
ist unklar.
ferner finden wir auf benahoare einige größere pyramiden sowie ein areal
kleinerer exemplare. eine keramische produktion stand in schöner blüte.
verstorbene mitglieder der höher gestellten klassen, des hohen und des niederen adels
(achimenceyes bzw. achiciquita), wurden mumifiziert in höhlen bestattet, oftmals
in hockerstellung, was wiederum auf nordwesteuropäische ursprünge deutet.
wirtschaft
die arahuitas lebten von der weidewirtschaft (ziege, schwein, schaf), und vom ackerbau
(weizen, gerste, hirse, kichererbsen), als haustiere wurden hunde gehalten.
die hirten bewegten sich mit lanzen (mocas) über die steilen berghänge fort;
im sommer wurden zum altkan. erntefest beñesmen wettkämpfe aufgeführt,
so der hirtensprung salto del pastor, der ringkampf lucha canaria
und das stockfechten juego de palo; noch heute sind dies beliebte sportarten,
die sehr gepflegt werden.
der untergang
1492 wurden die arahuitas der insel nach jahrzentelangen, erfolgreichen abwehr-
kämpfen endgültig besiegt nicht in offenem kampf, sondern durch verrat:
ihr letzter priesterkönig tanaúsu vertraute dem ehrenwort seines kontrahenten
fernando de lugo, der freies geleit für verhandlungen zugesagt hatte. dieser setzte
tanaúsu durch eine bewaffnete übermacht gefangen, übernahm ihn an bord
eines schiffes, um ihn am kastilischen hof zu präsentieren, doch .......................
die legende sagt, tanaúsu habe, als er seine heimat hinter der kimme des horizonts
verschwinden sah die worte gesprochen: vacaguaré („ich will sterben”),
was er auch tat ... mit ihm erstarb die kultur der arahuitas in wenig mehr
als zwei generationen; zu gross war der schock über den verlust von identität,
vertrauen und treue.
die überlebenden sahen sich in eine vollkommen fremde welt versetzt: immun-
erkrankungen führten zum zusammenbruch der bevölkerung, landkonfiskationen
und neuverteilungen unter den kolonisten etablierte ein neues, ressourcenausbeutendes
wirtschaftssystem aus monokulturen (zuckerrohr, palmen, tabak …), und zusammen
mit der hacienda-viehwirtschaft entstanden schnell unlösbare probleme; ein völlig
fremdes rechts-, wirtschafts- und sozialsystem zerstörte von heut´ auf morgen
alle gewachsenen strukturen letzte opponenten wurden in die sklaverei
oder umsiedlung getrieben und die alten götter verstummten ... wirklich ? |
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